Entspannt am Familientisch: so gehts

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Entspannt am Familientisch: so gehts

Musst du dir Sorgen machen, wenn dein Kind keinen Appetit hat? Oder nur Würstchen mag? Ist Süsses zur Belohnung sinnvoll? Wir fragen Christine Brombach, Dozentin für Consumer Science an der ZHAW Wädenswil.

Wie soll man das Kind ernähren? Wie können Kinder Essen lernen? Christine Brombach plädiert für einen entspannten Umgang am Küchentisch. Sie forscht im Bereich Consumer Science und Ernährungsverhalten und gibt uns Antworten auf brennende Fragen.

Warum haben die meisten Kinder gerne Süsses?

Neugeborene haben eine natürliche Vorliebe für Süsses, weil das Fruchtwasser, das sie im Mutterleib vorgeburtlich schlucken, süsslich schmeckt. Auch Muttermilch schmeckt leicht süss. Bitteres lehnen Neugeborene eher ab. Ansonsten sind wir, was unsere geschmacklichen Präferenzen anbelangt, ein unbeschriebenes Blatt. Wir erlernen erst im Verlauf unseres Lebens gewisse Dinge zu mögen. Denn Geschmack wird erlernt. Durch Wiederholungen lernen wir, Lebensmittel zu mögen. Je nach Kulturkreis sind das ganz verschiedene Speisen.

Warum hegen viele Kinder eine Aversion gegen Bitteres?

Das ist ein genetischer Schutz, denn die meisten Giftpflanzen schmecken bitter.

Kinder, die immer gerne Obst, Gemüse und Milchprodukte gegessen haben, fangen manchmal auf einmal an, nur noch Pasta oder Würstchen essen zu wollen. Muss man sich dann Sorgen machen?

Ab dem zweiten oder dritten Lebensjahr erlangen Kinder mehr Autonomie. Damit geht eine Phase der Neophobie einher, also einer Furcht vor dem Neuen. Kinder essen dann oft nur noch extrem ausgewählt und lehnen Dinge ab, die sie vorher gerne probiert haben. Solche Phasen sind normal, Sorgen muss man sich nicht machen. In dieser Phase braucht das Kind besonders viel Ermutigung.

Soll man Kinder zwingen, wenigstens einen Löffel von einem neuen Gericht zu probieren?

Das Kind soll immer ermutigt, aber nie gezwungen werden, etwas zu essen. Zwang bewirkt das Gegenteil und die Aversion wird grösser. Wichtig ist die Vorbildfunktion – das Verhalten der Eltern, Geschwister oder Besuchskinder am Tisch ist entscheidend.

Zwang bewirkt das Gegenteil und die Aversion wird grösser.

Christine Brombach

Was kann man tun, wenn das Kind partout nichts Gesundes essen will?

Wenn das Kind phasenweise so gar nichts auf dem Teller haben will, kann man es ermuntern, einfach mal am Essen zu schnuppern, dann vielleicht mit dem Finger ein wenig zu probieren, Schritt für Schritt, mit viel Geduld. Oft hilft auch, das Interesse am Essen spielerisch zu wecken, indem man zum Beispiel eine schöne Decke ausbreitet und darauf ein "Obst-Fest" feiert. Ich will damit aber nicht sagen, dass man das Essen zum Spiel degradieren soll. Seid einfach entspannt, geniesst es, mit den Kindern zusammen zu essen, die Zeit miteinander zu verbringen.

Familie

Gesunde Kinderernährung: Fakten, Rezepte & Tipps

Viele Kinder, besonders die kleinen, mögen es oft nicht, wenn sich Speisen vermischen. Warum ist das so?

Die Kinder haben es in der Regel nicht gern, wenn sie nicht genau wissen, was sie essen. Daher sind ihnen Gerichte wie Aufläufe oder Suppen suspekt. Denn da weiss man ja nicht, was da genau drinsteckt. Wenn ich die Dinge aber separat auf dem Teller habe, sehe ich, was ich esse. Manchmal hilft es auch, die verschiedenen Speisen in verschiedenen kleinen Schälchen aufzutischen, weil es dann nicht auf dem Teller miteinander in Berührung kommt.

Wenn Kinder etwas nicht mögen, soll man es akzeptieren oder ihnen trotzdem immer wieder vorsetzen?

Wenn man merkt, dass das Kind selbst nach vielen Versuchen etwas gar nicht essen mag, lässt man es erst mal auf der Seite. Nach ein paar Wochen kann man es ja nochmals probieren. Studien haben ergeben, dass ein Kind bis zu 16 Mal einen Geschmack probiert haben muss, um ihn zu tolerieren. Findet eine Speise selbst nach zahlreichen Probierversuchen keinen Anklang, sollte man es akzeptieren. Wir Erwachsenen essen schliesslich auch nicht alles.

Das braucht viel Geduld.

Ja, das ist so. Eltern sollten einen langen Atem und viel Geduld haben und nicht schnell aufgeben.

Warum lieben Teenies Junk-Food?

In der Adoleszenz ist oft alles andere wichtiger als das Essen oder die eigene Gesundheit. Die Teenager orientieren sich an ihrer Peer-Group, also am Kollegenkreis: Wenn die Kollegen ins Fast-Food-Lokal gehen, dann geht man eben auch. Oft trifft man sich dort aber einfach nur, um zusammen zu sein und nicht unbedingt wegen des Essens. Das ist natürlich auch umgekehrt der Fall: Wenn die Kollegen sich zum Beispiel vegan oder besonders gesundheitsbewusst ernähren, macht man es auch so.

Man sagt ja, Kinder sollten möglichst keine Süssigkeiten essen. Was halten Sie von Süssem in Form von Belohnung?

Essen sollte weder eine Belohnung noch eine Bestrafung sein. Ist ein Kind schlecht gelaunt, traurig oder hat es sich vielleicht beim Spielen wehgetan, sollte man ihm niemals zum Trost Süssigkeiten geben.