15 Dinge über die Wähe, die du noch nicht wusstest

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15 Dinge über die Wähe, die du noch nicht wusstest

Typisch Schweiz: Denkst du, du weisst schon alles über Wähen? In unserer – süssen und salzigen – Hommage an den Schweizer Klassiker steckt der eine oder andere Fakt, der auch dich noch überraschen wird.

1. First things first

"Chueche", "Wääje" oder "Tünne" – beim Namen geht das Puff schon los (siehe Fakt 6). Aber wie die Wähe (in ihrer klassischen Form) aussieht, ist immerhin geklärt: ein Teigboden (geriebener Teig) mit Belag aus Früchten und feinem Milch-Ei- bzw. Rahm-Ei-Guss. In ihrer salzigen Form werden statt Früchte z. B. Gemüse(reste) und/oder Käse auf den Teig gelegt. Und ja: Ein Kuchen mit Früchten muss nicht pappsüss sein und schmeckt auch als Znacht. Auch wenn das vielleicht nur wir Schweizer:innen so sehen …

2. Ein Schweizer Klassiker, ja. Aber …

… auch wir können an dieser Stelle leider nicht klären, wer die Wähe denn nun erfunden hat. Ob bei uns, in Frankreich oder in deutschen Grenzgebieten: Wähen oder wähenähnliche Gebilde von Quiche bis Lauchtorte wurden schon vor Hunderten von Jahren länderübergreifend in der alemannischen Küche gebacken. Zum Abschluss noch ein Schweizer Fakt: Das erste Mal bei uns erwähnt wurde der Begriff "Wähe" Mitte des 16. Jahrhunderts.

3. Die Sache mit dem Guss

Eben genau der macht die Wähe aus. Und deshalb schwören viele Kuchenbäcker:innen auch auf die eine persönliche Lieblingsrezeptur. Eier gehören hinein, für den Geschmack und die Bindung der Masse. Der Guss (genau wie die Füllung) richtet sich dann auch nach dem, was du gerade im Kühlschrank hast oder was zuerst wegmuss. Egal, ob Milch, Rahm, Frischkäse oder Quark – der Gussfantasie sind keine Grenzen gesetzt. Du hast nur noch ein Ei zu Hause? Dann nimm einfach etwas Stärke, so wird der Guss trotzdem fest. Zimt, Vanille oder andere Aromen? Ganz nach Geschmack. In den Guss von salzigen Wähen wird oft Käse gerieben, verfeinert wird er mit Gewürzen wie Salz, Pfeffer, Muskat oder Paprika.

Ei-Flüssigkeitsregel

Die perfekte Gusskonsistenz? Rechne ein Ei pro 1-1.5dl Flüssigkeit (Milch, Rahm …). Für eine Wähe braucht man rund 2-3dl Flüssigkeit, also 2-3 Eier.

Rezept für den klassischen süssen Wähenguss

  • 5min
  • Vegetarisch

4. Beliebt, beliebter, Fruchtwähen

Jeder Monat hat seine ganz eigenen Saisonhelden, wie uns unsere Analysetools zeigen. Hier nur ein paar Beispiele: Im Mai backt ihr wie blöd die Rhabarberwähe, im Juni und Juli sind die Kirschen- und Aprikosenwähe hoch im Kurs, im August und September seid ihr wild auf Zwetschgen und im Oktober auf Quitten. Was sagt uns das? Ihr backt saisonal und habt einfach Freude an den heimischen Früchten. Das freut uns auch, denn wer saisonal kocht, der kauft auch meist regional – das schmeckt nicht nur besonders gut, sondern ist auch gut für die Umwelt. Bleibt noch eine Frage: Bist du im Team Nidlehaube? Für viele ist die Fruchtwähe ohne rahmige Haube – zu Recht – nur der halbe Genuss.

Früchtekuchen- & Süsse-Wähen-Rezepte

Rahmiges i-Tüpfelchen auf der Fruchtwähe

Rahmiges i-Tüpfelchen auf der Fruchtwähe

5. Die Sache mit den Nüssen

Für den Geschmack und weil sie dem saftigen Belag Flüssigkeit entzieht und den Boden so schön knusprig macht: Es gibt gute Gründe für eine Schicht gemahlene Nüsse auf dem Fruchtwähenteig. Du magst keine Nüsse oder bist allergisch? Etwas Paniermehl, feiner Griess oder zerdrückte Guetzli (z. B. Petit Beurre oder übrig gebliebene Weihnachtsguetzli) eignen sich ebenfalls sehr gut. Besonders beim Wähenbacken mit TK-Früchten kann der Teig schneller matschig werden. Wie du das ausser mit Nüssen verhindern kannst, verrät dir unser Tipp.

6. Sprachinteressierte vor!

Sag mir, wie du den Kuchen nennst, und ich sage dir, woher du kommst: Es gibt tatsächlich ellenlange sprachwissenschaftliche Abhandlungen über die verschiedenen "Wähen"-Begriffe. "Die Wortgeographie des Flachkuchens mit Belag und ihre volkskundlichen Hintergründe in der deutschen Schweiz" aus dem Jahr 1958 nennt hier als gebräuchlichste schweizerdeutsche Begriffe "Chueche", "Wääje" und "Tünne". Alle schon mal gehört? Okay, und wie schauts mit "Flade", "Turte", "Pitte" oder "Zelte" aus? Von anderen Sprachgebieten und Synonymen bzw. eng verwandten Kuchen wie "Gâteau", "Tarte" oder "Quiche" wollen wir erst gar nicht anfangen. Fakt ist: Sowohl im Alltag als auch unter Mundartforscherinnen und -forschern sorgt die Wähe für munteren Gesprächsstoff.

7. Weltweites Erfolgskonzept

Aufs Minimale reduziert, ist die Wähe ja nichts anderes als ein Teig mit Belag. Und das Prinzip hat sich in vielen Ländern weltweit durchgesetzt. In Italien wurde es zur Pizza, in Frankreich kam auch ein Guss obendrauf, dazu wurde hübsch angerichtet, fertig war die Quiche, in Grossbritannien und den USA sind Pies heiss begehrt … und bei uns ist DER Teig-Star eben die Wähe.

Auch bei salzigen Wähen: Erlaubt ist alles, was schmeckt.

Auch bei salzigen Wähen: Erlaubt ist alles, was schmeckt.

8. Die Wähe kann auch salzig – und wie.

Bist du kulinarisch eher auf der salzigen Seite? Auch dann kommst du bei Wähen voll auf deine Kosten: DER salzige Hit ist die Käsewähe, vorzugsweise mit Gruyère AOP und Emmentaler AOP im Guss. Aber das ist natürlich nicht alles: Gemüse, Zwiebel, Speck, Lauch, Kürbis – der Fantasie sind auch im salzigen Wähenuniversum keine Grenzen gesetzt.

Salzige Wähen- & Kuchen-Rezepte

9. Jeder Region ihre Wähe

In der Schweiz wartet fast jede Region mit ihrer eigenen süssen oder salzigen Wähenspezialität auf, hier aus Platzgründen nur ein paar Beispiele:

Und hier ein paar Renner unter den süssen Wähen:

  • Der Schlorziflade mit Dörrbirnenmus und Eierguss, besonders beliebt im Toggenburg und Appenzellerland.
  • Der im Emmental und darüber hinaus bekannte Nidlechueche (Rahmfladen) mit Rahm-Milch-Guss.
  • Die Tarte au vin cuit mit fruchtig-rahmigem Guss, die man auch ausserhalb Freiburgs und des Waadtlandes kennt.

 

 

Selbst gemacht vs. ratzfatz: deine Wahl
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10. Teig – selber machen oder kaufen?

Wenn du uns etwas kennst, dann weisst du: Wir empfehlen das Selbermachen, wo immer es geht. Das macht nicht nur Spass, du weisst auch genau, was drinsteckt. Im Falle des klassischen Kuchenteigs sind das übrigens nur Mehl, Butter, Wasser und Salz. Aber wir verstehen auch, dass im Alltag vielleicht manchmal die Zeit fehlt, deine Wähe von A bis Z inklusive Teig selbst zu machen. Deshalb findest du in vielen unserer Rezepte gleich beide Varianten, die mit gekauften und die mit selbst gemachtem Teig. Wobei, wenn mans genau nimmt: Bei unserem Blitzteig zählt noch nicht mal das Zeitargument. Der ist fast so schnell gemacht, wie das Öffnen der Teigverpackung dauert.

11. Diese Wähe hat sogar ihr eigenes Festival.

Eine Wähenspezialität haben wir bei Fakt 9 unterschlagen: die Aargauer "Chrutwäje", eine Spinatwähe mit Speck. Nach ihr ist sogar ein Aargauer Festival, das "Chrutwäje Open Air" benannt. Seit 40 Jahren findet das Gratis-Festival jeden ersten Freitag im Juli auf der Pferderennbahn Schachen statt. Wie genau das Festival zu seinem kulinarischen Namen gekommen ist, wissen wir leider nicht. Aber für alle, die jetzt Lust auf eine Spinatwähe mit Speck bekommen haben, haben wir hier ein feines Rezept.

12. No-Food-Waste-Alltagsheld

Wir glauben es zwar nicht, aber falls du noch weitere Argumente für die Wähe brauchst, voilà: 1. Wähen sind super zum Vorbereiten. Den Teig kannst du in der Form in den Kühlschrank stellen und auch den Guss kannst du vorbereiten, er hält sich zwei Tage im Kühlschrank. Das Gleiche gilt für den klein geschnittenen Belag. Wenns also mal ganz schnell gehen muss, heisst es nur noch: belegen, ab in den Ofen, fertig. Und 2. Wähen sind perfekt gegen Food Waste. Ob salzig oder süss, jegliche Art von Frucht-/Gemüse-/Käse-/Rahm-/Ei-Resten finden Platz auf dem Kuchenteig.

Ihr liebts apfelig: die beliebteste Fruchtwähe

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Grosi Vrenis "Schnifeli-Wähe": das Rezept

  • 3h
  • Vegetarisch

13. And the winner is …

Geklärt werden muss auch noch diese Frage: Welche Wähe ist die beliebteste von allen Swissmilk-Wähen? Die Siegerin ist klar … die Apfelwähe. In einigen Monaten wird sie zwar kurzzeitig von Saisonrennern überholt. Aber da sie konstant das ganze Jahr gebacken wird, hat sie am Ende einfach die Nase vorn. Praktisch, dass es schliesslich immer irgendeine Schweizer Apfelsorte gibt.

14. Freitag ist Wähentag.

Der Wähenfreitag – dieser Brauch kommt aus der christlichen Tradition, freitags kein Fleisch zu essen. Auch war und ist der Freitag in vielen Familien klassischer Resteverwertungstag. Und so eine Wähe ist das perfekte No-Food-Waste-Rezept.

15. Diese Wähe ist gar keine Wähe.

Der kleine Frechdachs heisst zwar so, hat aber mit der "normalen" Wähe nichts gemein. Wobei, eine Gemeinsamkeit gibts doch: Fein ist sie auch, die Fastenwähe. Kleine Randnotiz für Sprachinteressierte: Die Fastenwähe hat einen anderen etymologischen Bezug als der flache Kuchen. Der Begriff "Fastenweye" ist schon seit dem 16. oder 17. Jahrhundert belegt. Er bezieht sich auf das mittelhochdeutsche Wort "waehe" für etwas "Zartes", "Feines". Die Wähe als flacher Kuchen dagegen geht zurück auf die mittelhochdeutsche "waeje" für "Wehen des Windes" oder auch im Sinne von etwas "Auseinandergelaufenes". Was unsere geliebte Wähe jetzt mit Wind zu tun hat, das ist eine andere Frage …