Zeit ist relativ: Haltbarkeit von Milch, Joghurt & Co

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Zeit ist relativ: Haltbarkeit von Milch, Joghurt & Co

Milchprodukte sind meist länger geniessbar als auf der Verpackung angegeben. Woran merkt man, dass ein Produkt abgelaufen ist? Molkereimeister Christian Höhn zeigt, worauf es ankommt.

12‘000 Liter Rohmilch pro Tag 

Die Molkerei Höhn hat ein schlankes Sortiment. Fast 100 Jahre lang bestand es nur aus Milch und Rahm. "Seit 15 Jahren produzieren wir auch Joghurt, doch für Butter und Käse fehlt uns einfach der Platz", sagt Christian Höhn, der den Familienbetrieb in vierter Generation führt. Tatsächlich ist es eng in der kleinen Produktion auf dem Hirzel, einer Passhöhe zwischen Zürichsee und Sihltal. Ein Labyrinth aus Edelstahlrohren windet sich den Wänden und Decken entlang, die Leitungen sind mit mächtigen Tanks verbunden und dazwischen bleibt nur wenig Raum für all die Apparaturen, Schläuche und Milchkannen. Doch der Platz reicht, um pro Tag 12‘000 Liter Rohmilch zu verarbeiten. Die Produkte landen in den Händen von Baristas und Köchinnen, im Müesli von Hotelgästen, in Dorfläden und Supermärkten. 

Am "Bahnhof" steuert Christian Höhn die Produktion
Am "Bahnhof" steuert Christian Höhn die Produktion

15 Sekunden Hitze machen die Milch haltbar 

Christian Höhn steht an der Schaltzentrale seiner Anlage, "am Bahnhof", wie er sagt. Hier stellt der Molkereimeister auf einem Touchscreen die Weichen. Der Reinigungsgang ist gerade zu Ende und die Past-Milch-Produktion steht an. Statt Wasser fliesst nun wieder Milch durch die Leitungen. Pasteurisiert wird diese – wie auch der Rahm – direkt über unseren Köpfen, in einem Rohr mit mehreren Windungen. Ein Wärmetauscher erhitzt die Flüssigkeit 15 Sekunden lang auf 78 Grad und dadurch wird die nur wenige Tage geniessbare Rohmilch länger haltbar. Benannt ist das Verfahren nach einem französischen Chemiker: Louis Pasteur entdeckte 1864, dass sich Bakterien in Lebensmitteln durch eine kurze Erhitzung abtöten lassen. "Die Pasteurisierung vernichtet bis zu 98 Prozent der Keime", weiss Höhn. 

12000 Liter Rohmilch verarbeitet die Molkerei täglich
12000 Liter Rohmilch verarbeitet die Molkerei täglich

So werden Milchprodukte haltbar gemacht

Pasteurisierung: Past-Milch ist im Kühlschrank zehn bis 20 Tage lang haltbar. Dafür wird Rohmilch für 15 Sekunden auf mindestens 72 Grad Celsius erhitzt. Auch Rahm und Butter werden durch die Pasteurisierung haltbar gemacht. UHT-Milch wird hingegen auf mindestens 135 Grad Celsius erhitzt. Dadurch ist sie keimfrei und bei Zimmertemperatur bis zu drei Monate haltbar. 

Milchsäuregärung: Bei der Herstellung von Joghurt und Käse wandeln Milchsäurebakterien Milchzucker in Milchsäure um. Das Verfahren macht Lebensmittel haltbar, indem es ihren pH-Wert senkt. Da Mikroorganismen in dieser sauren Umgebung kaum noch wachsen können, sind Joghurt und Käse monatelang geniessbar. 

Aus 10 Tagen lassen sich 20 machen 

Nach der Pasteurisierung wird die Milch auf 2 Grad heruntergekühlt und in einem Tank zwischengelagert. Von dort aus fliesst sie in die Verpackungsmaschine, die im Sekundentakt frisch gefüllte 1-Liter-Packungen ausspuckt. Laut dem Verbrauchsdatum ist die Milch 10 Tage haltbar, doch Christian Höhn relativiert: "Past-Milch gilt als Frischprodukt und darum sind die Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit besonders hoch. Man rechnet bewusst konservativ, denn keine Kühlkette ist perfekt und oft steht die Milch zu lange auf dem Esstisch. " Bei konsequenter Kühlung unter 6 Grad ist Past-Milch bis zu 20 Tage haltbar, weiss der Fachmann – und bevor sie verdirbt, kann man die Milch auch einfrieren: "Mein Vater hat früher im Ferienhaus immer einen Milchvorrat ins Tiefkühlfach gelegt", erzählt Höhn. 

Past-Milch gilt als Frischprodukt und darum sind die Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit besonders hoch.

Christian Höhn, Geschäftsführer Molkerei Höhn
Pasteurisation: Durch Hitze wird Milch länger haltbar
Pasteurisation: Durch Hitze wird Milch länger haltbar

Milchsäuregärung braucht einen halben Tag Zeit 

Deutlich mehr Zeit nimmt die Herstellung des Joghurts in Anspruch. Dabei werden der pasteurisierten Milch Milchsäurebakterien zugesetzt und die Mischung gärt vier bis fünf Stunden in einem Tank bei 40 Grad. Die Milchsäurebakterien wandeln dabei einen Teil des Milchzuckers in Milchsäure um und dadurch wird das Joghurt haltbar: "Joghurt ist sauer und deshalb können krankmachende Bakterien darin nicht überleben", erklärt Christian Höhn. Heute produzieren die Mitarbeitenden 600 Kilogramm griechisches Joghurt, die jüngste Kreation der Molkerei. Auf die Verpackung kommt das Mindesthaltbarkeitsdatum. Dieses garantiert eine einwandfreie Qualität. Anders als Past-Milch gilt Joghurt nicht als leicht verderblich und deshalb braucht es auch keine Garantie für die Lebensmittelsicherheit. 

Was bedeutet das Datum auf der Verpackung?

Das Verbrauchsdatum ("zu verbrauchen bis") garantiert bei leicht verderblichen Produkten die Lebensmittelsicherheit. Ungeöffnet sind Past-Milch und Rahm im Kühlschrank meist einige Tage über das Datum auf der Verpackung hinaus haltbar. 

Das Mindesthaltbarkeitsdatum ("mindestens haltbar bis") garantiert bei länger haltbaren Lebensmitteln die Qualität von Geschmack, Geruch, Farbe und Konsistenz. Ein geschlossenes Joghurt ist meist mehrere Wochen über das aufgedruckte Datum geniessbar. Auch Butter hält sich gut verpackt in der Regel deutlich länger. 

Willst du noch mehr über das Datum auf der Verpackung erfahren, dann schaue hier vorbei. 

Joghurtproduktion auf dem Hirzel
Joghurtproduktion auf dem Hirzel

Joghurt ist sauer und deshalb können krankmachende Keime darin nicht überleben.

Christian Höhn, Geschäftsführer Molkerei Höhn

Joghurt ist bis zu einem Monat länger geniessbar 

Beim Mindesthaltbarkeitsdatum ist der Puffer noch grösser als beim Verbrauchsdatum. Christian Höhn scherzt, es heisse ja auch "mindestens haltbar bis" und nicht "giftig ab". Bis zu einem Monat über das aufgedruckte Datum hinaus ist ein Joghurt in der Regel essbar, teilweise gar länger, auch wenn der Geschmack etwas leiden mag: "Die Milchsäurebakterien arbeiten weiter und deshalb schmeckt es immer saurer", erklärt Höhn. An der Oberfläche bildet sich mit der Zeit oft eine wässrige Flüssigkeit, doch dieses Milchserum ist unbedenklich. Erst bei Schimmel heisst es definitiv: Hände weg! Bevor es soweit kommt, lieber noch schnell ein Frozen Joghurt machen. Das griechische Joghurt von Höhn eignet sich dafür durch den hohen Fettgehalt besonders gut. 

Schnelles Erdbeer Frozen Yogurt

  • 15min
  • Vegetarisch

Die Haltbarmachung geschieht im Rohrsystem der Molkerei  

Hui oder Pfui: Wann wird es kritisch?

Konsistenz: Sobald Milch oder Rahm flockig oder klumpig werden, sind sie nicht mehr geniessbar. 

Geruch und Geschmack: Past-Milch und Rahm riechen und schmecken säuerlich, wenn sie verdorben sind, abgelaufene UHT-Milch hingegen eher muffig oder bitter. 

Milchserum: Auf Joghurt kann sich wässrige Flüssigkeit bilden. Der Grund: Mit der Zeit zieht sich das Proteingerüst zusammen und drückt das Wasser nach oben. Das Milchserum ist jedoch völlig unbedenklich und lässt sich einfach wegschütten oder unterrühren. 

Schimmel: Milch kann kaum schimmeln, Rahm und Joghurt jedoch schon. Dann heisst es definitiv Hände weg, denn die Pilzsporen reichen bis weit unter die Oberfläche. Anders als beim Käse lässt sich der Schimmel nicht einfach grosszügig entfernen.