SMP-Milchforum – Mit Milch in die Zukunft
Am diesjährigen SMP-Milchforum präsentierten der Präsident von agroecology.science Prof. Dr. Dr. Urs Niggli, der CEO von Emmi Herr Urs Riedener, die Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz und Nationalrätin Frau Prisca Birrer-Heimo und der Präsident des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbandes und Milchproduzent Markus Kretz.
Ohne Wiederkäuer keine ausreichende Welternährung
Um die Welternährung mit dem erwarteten Bevölkerungswachstum zu ernähren, müssen verschiedene Strategien verfolgt werden, so Urs Niggli. Zum einen müssen vermehrt pflanzliche Proteine wie zum Beispiel Erbsen, Sojabohnen, Linsen Lupinen, Kichererbsen eingesetzt und zum anderen der Konsum von Fleisch reduziert werden. Weiter muss aber gleichzeitig der Wiederkäuer standortgerecht eingesetzt werden. Denn die vielen Grasflächen sind für den Menschen nicht direkt nutzbar. Weiter müssen Nebenprodukte aus der Lebensmittelindustrie effizient als Tierfutter eingesetzt werden können, um Food-Waste zu verhindern. Niggli betonte mehrmals die Vorreiterrolle der Schweizer Landwirtschaft sowie der Milchproduktion, und zeigte auch Bereiche mit Handlungsbedarf auf.
Nachhaltigkeit kostet etwas
Die weltweite Nachfrage nach Milchprodukten wird in den kommenden Jahren weiter steigen. Als Schweiz gilt es sich auf diese günstigen Marktaussichten einzustellen und eine konsequente Differenzierungsstrategie weiter zu treiben. Urs Riedener betonte, dass es dabei nicht darum gehe sich zwischen Imitaten und natürlicher Milch zu entscheiden. Die Kundenbedürfnisse werden das Angebot auch in Zukunft steuern. Es gilt sich konsequent darauf einzustellen, auch im Bereich nachhaltige Schweizer Milch. Für Riedener ist klar, dass Nachhaltigkeit nur gemeinsam in der ganzen Wertschöpfungskette mit dem Detailhandel erreichbar sei: Das koste etwas. Wenn man gemeinsam geschickt vorgehe, seien die Mehrkosten auch am Markt zu holen.
Der Konsument will Transparenz und Glaubwürdigkeit
Frau Nationalrätin Birrer-Heimo betonte, dass es gilt, Klarheit für die Konsument:innen zu schaffen. Die Vermarktungsstrategien der Milchverarbeiter und des Detailhandels mit den vielen Labels würden dabei nicht helfen, sondern eher verwirren. Auch bei der Milch wünscht sie sich weniger Labels, aber mit klaren Kriterien und eine unabhängige Kontrolle als Basis für das Konsumentenvertrauen. Wird das erreicht, kommen die Mehrerlöse auch den Produzenten zugute und die Konsument:innen seien bereit, einen entsprechenden Mehrpreis zu bezahlen.
Zielkonflikte auf dem Betrieb
Mit einer Berechnung von zwei Alternativ-Szenarien – Intensivierung gegenüber grasbasierter Fütterung - zeigte Markus Kretz in brillanter Weise auf, dass die Erwartungen der Politik und der Gesellschaft in der Praxis zu Zielkonflikten führen. Auf seinem Betrieb zum Beispiel müsste für eine Verringerung der Emissionen pro Kilo Milch eine Intensivierungsstrategie gefahren werden. Das ist nicht das Ziel, weil diese gleichzeitig eine zu hohe Nahrungsmittelkonkurrenz verursachen würde. Ergänzende Massnahmen, wie zum Beispiel Biogasanlagen, Futterzusätze, oder höhere Lebtagesleistungen, könnten eine sensible Reduktion der Emissionen bringen. Diese seien aber oft noch zu wenig erforscht oder nicht praxistauglich für eine Anwendung in der Breite. Während er früher mit einem Ausstieg aus der Milchproduktion geliebäugelt habe, seit er heute aufgrund der agrarpolitischen Entwicklung froh, diesen Schritt nicht gemacht zu haben.
Emissionen im Verhältnis zum Nährwert beurteilen
In der vom BauernZeitungs-Redaktor Josef Scherer geleiteten Podiumsdiskussion, kristallisierte sich eine neue Betrachtungsweise der Emissionen heraus. Um ein Produkt fair zu beurteilen, müssen dessen Emissionen im Verhältnis zu seinem Nährwert und nicht zu seinem Volumen betrachtet werden. Schliesslich könne man sich ja nicht von Wasser ernähren.
Allerdings sind die Bedürfnisse der Konsument:innen zentral. Darum heisst es nicht entweder Milch oder Imitate, sondern es muss ein Nebeneinander geben. Wenn dabei auch Schweizer Rohprodukte eingesetzt werden, so ist der gesamten Schweizer Landwirtschaft eher geholfen. Urs Niggli liess aber verstehen, dass aus Sicht einer nachhaltigen und auf die Ernährungssicherheit fokussierten Landnutzung, ein Haferproduktion in der Schweiz an seine Grenzen kommt.
Klar wurde, dass die Milchkuh in der Schweiz eine nicht zu ersetzende Position hat und die Milchproduktion hier standortgerecht ist. Allerdings müssen die Milchproduzenten ihre Hausaufgaben ebenfalls machen und mit möglichst viel einheimischem Raufutter, mit an die topografischen Bedingungen angepassten Kuhrassen und professionell ausgebildeten Produzent:innen Schweizer Milch produzieren.
Ein weiterer Knackpunkt ist es, die Konsument:innen in die Verantwortung einzubeziehen. Sie sollen ihre Kaufentscheide im Laden den steigenden Erwartungen an die Herstellungsprozesse anpassen. Das bedeute auch etwas höhere Preise beim Einkaufen. Ohne eine solche Verhaltensänderung bei den Konsumierenden kann eine nachhaltige Produktion nicht funktionieren.
Weitere Auskünfte
Reto Burkhardt
Leiter Kommunikation SMP
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