"Die Milch ist nie gleich – und das ist schön"

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Gschicht vo hie

"Die Milch ist nie gleich – und das ist schön"

Warum ist die Butter im Winter weiss und im Sommer gelb? Und warum ist der Käse im Sommer geschmeidig und im Winter fest? Viele Milchprodukte variieren je nach Saison. Zwei Butter- und Käsemacher aus dem Berner Jura erklären, warum.

Ein rhythmisches "Plopp"

Das metallene Butterfass dreht sich gemächlich um die eigene Achse. In seinem Innern: 1500 Liter Rahm. Nach etwa einer halben Stunde verändert sich die Geräuschkulisse in der kleinen Butterproduktion der Käserei: Neben dem leisen Rotieren des Butterfasses ertönt jetzt ein rhythmisches "Plopp". "Die Butter, die gegen das Metall schlägt", erklärt Cédric Spielhofer. "Durch die Umdrehungen sind die Fettkügelchen des Rahms geplatzt und der flüssige Teil, die Buttermilch, hat sich abgetrennt." Was bleibt, ist Butter.

Ganz ohne Farbstoff

Wer vom Mittelland zu "Fromages Spielhofer" will, taucht in die sanften Hügel des Berner Juras ein. Das Dörfchen St. Imier liegt auf 820 Metern über Meer, von Wäldern umgeben. "Kein Wunder, dass unsere Butter ein reines Naturprodukt ist, oder?", fragt Cédric Spielhofer und zwinkert fröhlich. "Wir arbeiten zum Beispiel ganz ohne Farbstoff", ergänzt Florian Spielhofer. Dadurch sieht die "Berner Jura Bergbutter" der Brüder im Sommer gelblich und im Winter weiss aus.

In der Butterproduktion von Fromages Spielhofer
In der Butterproduktion von Fromages Spielhofer

Kühe grasen Blumen.

Der Grund für den saisonalen Unterschied der Butter ist die Milch, die Cédric und Florian Spielhofer verwenden: silofreie Bergmilch. "Die Kühe müssen mindestens 120 Tage pro Jahr auf der Weide sein", sagt Cédric Spielhofer. Diese Auflage stellt seine Käserei an die rund 60 Lieferanten aus der Region. "Auf den Sommerwiesen finden die Tiere Blumen und nehmen damit Carotin zu sich – das färbt die Butter gelb." Genau: Carotin kommt ansonsten vor allem im Rüebli vor.

Weniger Fett und Proteine im Winter

Die natürliche Kuhhaltung und -fütterung wirkt sich also direkt auf das Endprodukt aus – auch beim Käse. "Viele unserer Sorten sind ebenfalls gelblich, wenn sie im Sommer hergestellt wurden, und schmecken nach den Kräutern, die die Kühe fressen", erklärt Florian Spielhofer. "Zudem ist die Textur feiner." Denn das frische Gras, das die Kühe im Sommer verzehren, führt dazu, dass die Milch mehr Fett und Proteine enthält als in den Wintermonaten. Dann fressen die rund 1200 Kühe, die für Spielhofer produzieren, vor allem Heu.

Fromages Spielhofer

Fromages Spielhofer mit Hauptsitz in St. Imier (BE) produziert Butter, Joghurt und rund 30 Käsesorten aus roher Bergmilch. Aushängeschild ist der Tête de Moine AOP. Neben natürlichen Zutaten setzt die Käserei auf traditionelles Handwerk – 70 Prozent des Betriebs ist Handarbeit. Cédric (36) und Florian (39) Spielhofer führen die Käserei ihres Vaters seit 2019 und beschäftigen rund 85 Mitarbeitende.

Florian (links) und Cédric mit Winter- und Sommerkäse

Florian (links) und Cédric mit Winter- und Sommerkäse

"Viele unserer Käsesorten sind ebenfalls gelblich, wenn sie im Sommer hergestellt werden."

Florian Spielhofer, Geschäftsführer Fromages Spielhofer

Saisonale Schwankungen – vielfältige Aromen

Der etwas eintönige Speiseplan im Winter hat seinen Grund: Fromages Spielhofer stellt nur Rohmilchkäse her. Deshalb ist es wichtig, dass ihre vierbeinigen Produzentinnen und Produzenten ohne durch Gärung haltbar gemachtes Futter – Silage – gefüttert werden. "Ansonsten enthält die Milch durch die Fütterung Buttersäurebakterien", erklärt Cédric Spielhofer. Das Hauptrisiko: Qualitätsverluste beim Käse. Allerdings ist das Silage-Futter im Winter auch ein guter Energiespender für die Kühe. Bei silofreier Milch sind die saisonalen Schwankungen der Milchzusammensetzung deshalb besonders ausgeprägt. Die Brüder Spielhofer sehen das positiv: "Es ist gerade das Schöne an unserer Milch, dass sie nie gleich ist. Dadurch haben wir die Möglichkeit, Produkte mit ganz unterschiedlichen Aromen zu fabrizieren."

Bei Pflichtenheften die Milch standardisieren

Das Credo der Spielhofers: Ihre Produkte sollen der Milch, wie sie eben gerade ist, möglichst nahekommen. Allerdings geht das nicht bei allen Erzeugnissen, zum Beispiel beim Tête de Moine oder beim Gruyère AOP. "Hier gibt es strenge Pflichtenhefte, an die wir uns halten müssen", erklärt Florian Spielhofer. Für den Gruyère zum Beispiel muss die Milch das ganze Jahr über einen Fettgehalt von 3,4% haben. "Bei diesen Produkten standardisieren wir die Milch." Will heissen: "Ist der Fettgehalt zu hoch, schöpfen wir den Milchrahm ab." Umgekehrt könnte ein zu tiefer Fettgehalt theoretisch mit der Zugabe von Rahm korrigiert werden. "Gerade beim Gruyère ist das laut Pflichtenheft aber verboten", sagt Cédric Spielhofer. "Zum Glück enthält Milch sehr selten weniger als 3,4% Fett."

Tête de Moine – mmmh!/Blick ins Butterfass
Tête de Moine – mmmh!/Blick ins Butterfass

Qualitätsverluste ausgleichen

Aber auch bei den eigenen Produkten nehmen die Brüder Spielhofer Korrekturen vor. "Denn die Qualität muss immer stimmen", sagt Cédric Spielhofer. "Es kann zum Beispiel nicht sein, dass das Joghurt im Winter nicht fest wird – das passiert bei zu niedrigem Proteingehalt der Milch." Um den Gehalt zu korrigieren, fügen die Spielhofers der Milch kurzerhand Magermilchpulver hinzu. Und auch die Butterherstellung verläuft je nach Saison leicht anders. "Ansonsten müssten die Konsumentinnen und Konsumenten im Winter Abstriche bei der Streichfähigkeit hinnehmen", so Florian Spielhofer. Um das zu vermeiden, werden die vielen gesättigten Fette und die langen Fettketten in der Wintermilch durch eine spezielle Temperaturführung gebrochen. "Zudem kneten wir die Butter im Winter länger – je länger wir sie kneten, desto streichfähiger wird sie."

Ein Butterfass aus den 60er-Jahren

Damit sich die Butterqualität gut kontrollieren lässt, setzt Spielhofer übrigens auf das traditionelle Herstellungsverfahren: "Wir verarbeiten jeweils nur eine kleine Menge Rahm auf einmal, mit einem Butterfass aus den 60er-Jahren", erklärt Cédric Spielhofer. Pro Stunde stellt die Käserei so 500 Kilo Butter her. "Mit effizienteren Techniken wären es vielleicht drei Tonnen", vergleicht Florian Spielhofer. "Dafür schmeckt unsere Butter besonders milchig und frisch."

CO2-neutrale Käseproduktion

Natur pur – darauf setzt Spielhofer nicht nur bei seinen Produkten: "Wir treiben zum Beispiel nachhaltige Verpackungen voran", sagt Cédric Spielhofer. Dafür arbeitet die Käserei mit einer Firma zusammen, die Plastik aus dem Meer upcycelt. "In unserer neuen Käserei im Nachbarsdorf Sonvilier produzieren wir zudem praktisch CO2-neutral und sind zu 90% energieautonom", ergänzt Florian Spielhofer. Um die Milch oder den Käsebruch zu erhitzen, nutzen die Brüder dort die Abwärme der Käseproduktion und erzeugen mittels Wärmepumpen zusätzliche Wärmeenergie. Der Strom für den Betrieb der Wärmepumpen kommt von Solarpanels auf dem Dach. "Wir brauchen weder Gas noch Heizöl."

Lust auf Butter? So machst du sie selbst.

  • 3h
  • Vegetarisch